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1

Donnerstag, 3. September 2020, 10:12

Was ist Waidgerecht ?

In einem anderen Thread habe ich kurz eine Diskussion angesprochen, die ich hier fortführen möchte:

Was ist waidgerecht ?

In allen Landesgesetzen ist festgelegt, dass wir die Jagd "waidgerecht" durchführen müssen. Vereinfacht gesagt ist damit gemeint, dass wir anständig und verantwortungsvoll jagen. Vor allem auch tierschutzgerecht. Und auch die Hege des Wildes gehört dazu.

Anlass dieses Beitrages war das Thema Weitschüsse. Ich persönlich halte Schüsse auf 300 M oder mehr auf ein Reh oder gar einen Fuchs für fragwürdig, andere meinen, wenn man genügend übt, wäre das durchaus zu verantworten. Das muss jeder für sich beantworten. Aber grundsätzlich beobachte ich, dass manche Jäger das Revier mit einem Schützenstand verwechseln und sich brüsten, wie weit sie schießen. Wenn ich so etwas höre, ärgere ich mich eigentlich. Ich bleibe dabei: Die Gefahr des Krankschießens ist bei diesen Entfernungen groß und empfinde es eher als jägerische Leistung dem Wild auf ungefähr 100 Meter nahe zu kommen als Fernschüsse "aus dem Hinterhalt" anzubringen ...........

Noch mehr ärgere ich mich, wenn ich von Kunstschützen höre, die ihre Sauen alle auf das Haupt schießen. Natürlich behaupten sie, dass jede Sau im Feuer liegt. Von den Sauen, die sie elendiglich krank geschossen haben, erzählen sie natürlich nichts. Die haben sie dann angeblich eh total gefehlt, weil ........

Gleiches gilt für die Schüsse auf den Träger von Rehen .............

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Ich weiß, dass ich damit einige hervorragende Schützen im Forum ärgere und manchen vielleicht auch unrecht tue. Tut mir leid. Aber ich habe das Gefühl, die Technik tritt momentan stark in den Vordergrund. Die Waidgerechtigkeit ist im Forum kaum einmal ein Thema.
Jagdfreund

2

Donnerstag, 3. September 2020, 11:02

Was kann man als weidgerechte Entfernung bezeichnen?
Vor 2 Jahren am Stand einen älteren Jäger zugeschaut und helfen sollen seine Büchse kontroll zu schießen.
1. Schuss am Trägeransatz
2. Schuss am Schlegel

Der nette Herr hat die Waffe nach den beiden Schüssen eingepackt und gemeint "Die mittlere Treffpunktlage ist, wenn man sich das anschaut, eh in der Kammer und somit reicht es!"
Geschossen wurde auf 100m von 2 Sandsäcken aus (einer vorne und der andere hinten).

Da ist ein Schuss egal auf welche Entfernung nicht weidgerecht.

Andere Leute schießen tausende Kugelschüsse raus. Von 50 bis 300m und teils noch weiter. Diese Leute kennen sowohl die Muni (laden teils selber), kennen die Waffe, Ballistik, Optik und deren eigenes Können!
Dies halte ich dann auch für weidgerecht wenn dann Schüsse auf 200m und weiter antragen.

Ist es weidgerecht im Herbst auf eine Niederwildjagd zu gehen ohne übers Jahr hindurch am Stand trainiert zu haben?
Die Gefahr ein Wild krank zu schießen ist bei der Flinte genau so hoch wenn nicht sogar höher als mit der Büchse.
Kann jetzt nur aus meinen Erfahrungen schließen..... habe Jahre lang fast am Schießstand gewohnt und weit mehr als 100.000 Schrotschüsse abgegeben......
Letztes Jahr hab ich trotzdem 2 Fasane so krank geschossen dass wir diese ohne guten Hund nicht mehr gefunden hätten. Und dann kommen Leute daher welche seit Jahren keinen Schrotschuss mehr am Stand abgegeben haben und schießen auf Wild. Mal davon abgesehen dass mehr als 80% der aktuellen Leute die Entfernung bei der Flintenjagd nicht einschätzen können.


@Jagdfreun: Bezüglich deinem Beitrag "Ich bleibe dabei: Die Gefahr des Krankschießens ist bei diesen Entfernungen groß und empfinde es eher als jägerische Leistung dem Wild auf ungefähr 100 Meter nahe zu kommen als Fernschüsse "aus dem Hinterhalt" anzubringen ........... "

Ich zum Beispiel pirsche sehr gerne. Nur wie willst du in Feldrevieren die teilweise sehr sehr große Flächen haben auf Rehwild im Herbst beim Gais-Kitzabschuss nahe kommen wenn diese auf freier Fläche stehen und man nicht näher als 200m rankommt?
Da bleiben nur Schüse aus dem "Hinterhalt" auf weite Entfernungen als Möglichkeit den Abschuss zu erfüllen.

Wenn es rein ums schießen geht finde ich dass wir uns an anderen Ländern ein Beispiel nehmen sollten.
Vor der Jagdsaison muss ein gewisses Trefferergebnis erzielt werden sonst darf man in dem Jahr nicht jagen. Man bekommt teils 2 - 3 Möglichkeiten und dann wir geschaut ob man dies erreicht hat.
Wie schwer kann es sein?
Wir verlangen von Jungjägern eine gewisse Treffsicherheit bei der Prüfung aber ich traue mich wetten dass sehr viele der sagen wir mal "aktiven" Jäger nicht mehr zusammenbringen.

3

Donnerstag, 3. September 2020, 11:13

Und zwecks den technischen Mitteln.

Wer schaut denn dass sie mit der Technik gehen?
Meist die jüngeren Jäger. Ich persönlich keine keinen älteren Jäger welcher sich ein ZF mit einer Vergrößerung von mehr als 12fach kaufen will.
Im Freundeskreis kenne ich aber sehr wohl einige jüngere Jäger welche sich ZF gekauft haben welche 20 bis 30 fache Vergrößerungen haben.

Schießt man mal mit einem 12fachen Zielfernrohr auf sagen wir mal 200m auf ein Reh und dann mit einem ZF mit 30 facher Vergrößerung.
Da sieht man dann aber auch mal sehr schnell wie groß ein Stück Wild auf der Entfernung ist. Das gehört bei mir zur weidgerechten Jagd dazu. Ich persönlich will einen sofortigen Tod des Stückes haben. Das liegt auch sehr wohl am Haltepunkt bei der Schussabgabe. Wenn ich diesen größer und deutlicher sehe kann ich, so geht es zumindest mir, mit ruhigerem Gewissen einen Schuss abgeben.

Das gleiche ist mit der Verwendung von künstlichen Lichtquellen.
"Früher hatten wir das auch nicht also brauch ich sowas jetzt auch nicht!" sowas hatte ich am Wochenende bei einer Disskussion am Schießplatz.
Da war dann ein Schweißhundeführer dabei der auch gesagt hat "Ihr alten Deppen. Wie viele Nachsuchen hatten wir denn damals als jeder auf einen dunklen Klotz geschossen hat ohne zu wissen wo vorne und hinten ist? Wie wird heute mit den neuen Hilfsmitteln geschossen? Es entstehen sehr viel weniger Nachsuchen und die Stücke werden sauber gestreckt!"
Danach war dann Ruhe.

Weidgerechte Jagd fängt bei der Person an und hört bei dieser auf.
Das hat meiner Meinung nach nichts mit Ausrüstung zu tun.

4

Donnerstag, 3. September 2020, 11:30

Was ist Waidgerecht ?

Weidgerechte Jagd fängt bei der Person an und hört bei dieser auf

Diesem SAtz und vielem, was du schreibst, Blaser19, kann ich absolut zustimmen. Das mit den 100 Meter soll man bitte nicht auf die Goldwaage legen. Ich verstehe, dass es manchmal einfach nicht anders geht ........ in bestimmten Gebieten. Und vor denen, die so viel üben, Hut ab !

Es geht ums Prinzip: Jagd soll kein Wettschießen sein und Wild ist keine Schützenscheibe. ........... Von den Mitgliedern im Forum, die hier meist schreiben, habe ich den besten Eindruck. Aber ich habe schon mehrmals Situationen erlebt, wo ich mir an den Kopf greife: Und zwar von hervorragenden Schützen am Schiesstand, die absolut kein Gefühl für das Wild haben. ............ Fürs Jagen keine Zeit, weil sie von einem Wettbewerb zum anderen fahren. ................ Da muss dann schnell der nächstbeste Bock umfallen. Natürlich mit Schuss auf den Träger .............

Und Deppen gibt es natürlich in jeder Altersklasse !

Jagdfreund

5

Donnerstag, 3. September 2020, 12:30

Hallo zusammen,

bin selbst frisch gebackener Jungjäger und mich beschäftigt das Thema Weidgerechte Jagd sehr.

Als ich mir meine erste Büchse gekauft habe, habe ich mich damit vertraut gemacht und am Schießstand geübt um ein Gefühl für die Waffe und Munition zu bekommen. Mein erstes Stück habe ich dann auf eine Distanz von ca. 50 Meter erlegt. Ich konnte einen sauberen Schuss antragen und das Reh ist nach wenigen Metern verendet. Das war mir aus zwei Gründen wichtig - zum einen, dass das Stück nicht leiden musste bzw. ich es nicht krank geschossen habe und zum anderen Sicherheit zu bekommen.

Weidgerechtes Jagen heißt für mich aber nicht nur die richtige Distanz (wobei das wie von euch schon angesprochen wurde, oft schwierig ist) sondern auch die Wahl eines geeigneten Kalibers und vor allem auch einmal den Finger gerade lassen, wenn man sich nicht ganz sicher ist. Auch eine gewissenhafte Nachsuche gehört für mich dazu. Und nicht zuletzt, dem Wild und dem erlegten Stück mit Respekt zu begegnen. Das Einhalten der Schonzeiten oder, dass man keine führende Fuchsfähe schießt sollte meiner Meinung nach sowieso selbstverständlich sein.

Der Aussage, dass weidgerechte Jagd bei der Person anfängt und mit dieser aufhört, kann ich vollstens zustimmen.

6

Donnerstag, 3. September 2020, 12:40

Ich schieße und treffe regelmäßig auf bis zu 300m Krähen mit der .204Ruger. das wichtigste dabei ist die genaue Entfernung zu kennen und eine ordentliche Auflage zu haben.
Auch kommt es manchmal vor bis 250m auf ein Reh zu schießen, das ist aber bei mir nicht die Norm, eher 150-180m.
Aber wenn man geübt ist, sein Arbeitsgerät und die Entfernung gut kennt, sehe ich da kein Problem.
Gefährlicher halte ich den Schuß auf bewegtes Wild mit der Kugel, wie es beim Riegeln vorkommt, aber auch dort gibt es trainierte Schützen für die das kein Problem ist.
Die Fehlerquote beim Riegeln halte ich aber bedeutend höher als bei den Weitschützen.
Wichtig ist das man seine Grenzen kennt und diese mit einem Sicherheitsfaktor einhält.

7

Donnerstag, 3. September 2020, 14:55

Weidgerechte Jagd hat absolut nichts mit Weitschüssen zu tun, wie Blaser zuvor bereits erklärte.

Das du die Entfernungen beim schießen mal wieder ansprichst war ja klar, als nächstes werden wohl die Treibjagden und Riegler kommen.

Weidmannsheil
Manfred
Man kann nur jenes Stück Wild erbeuten welches für einem gewachsen ist

8

Freitag, 4. September 2020, 02:55

"Waidgerechtigkeit" ist zunächst ein unbestimmter Rechtsbegriff mit viel Raum für Interpretation an den Stammtischen der deutschen und österreichischen Jagdgesellschaft, denn woanders gibts den Begriff m. W. nicht.

Ich verstehe darunter die tierschutzgerechte, fachlich sauber ausgeübte Erlegung/Versorgung jagdbaren Wildes.

Ob das auf 50 oder 500 Meter erfolgt, aufs Blatt oder woanders, spielt keine Rolle. Es muss nur fachlich sauber und korrekt passieren, d. h. es ist nicht waidgerecht, wenn man glaubt, mehr zu können, als man tatsächlich kann, folglich Mist macht und dann Leid verursacht.

Die "Hege" will ich darunter nicht verstehen, denn es gibt ja Schwestern und Brüder unter uns, die unter "Hege" das züchten von Wild und Trophäen verstehen, bis es keinen Wald mehr gibt, weil jegliche Naturverjüngung aufgefressen ist.

"Hege" im rechtlichen Sinne bedeutet, dass man einen artgerechten, gesunden Wildbestand erhält (also qualitativ und nicht quantitativ).

Man muss also sehr genau differenzieren zw. den Begriffen "Waidgerechtigkeit", "Hege", "Tradition" und "jagdhistorischem / jagdlichen Unfug".

Zudem muss man weiters unterscheiden, was "Gesetz" ist und was man "nur" unter Waidgerechtigkeit subsumieren kann. Der Verstoß gegen vorgeschriebene Mindestkaliber oder gegen den Muttertierschutz ist ein Gesetzesverstoß, der im äußersten Falle als Straftat gewertet werden kann.
WMH und Ho´ Rüd´ Ho´
Eibenschnitzer

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«Wer nicht liebt Wein, Weib, Gesang, der bleibt ein Narr sein Leben lang.»
[ Johann Heinrich Voss (1751-1826)]

Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »Eibenschnitzer« (4. September 2020, 03:09)


9

Freitag, 4. September 2020, 09:59

Was ist Waidgerecht ?

Gefährlicher halte ich den Schuß auf bewegtes Wild mit der Kugel, wie es beim Riegeln vorkommt, aber auch dort gibt es trainierte Schützen für die das kein Problem ist.
Die Fehlerquote beim Riegeln halte ich aber bedeutend höher als bei den Weitschützen.

Stimme ich absolut zu. Man sollte beides nicht tun: Auf flüchtiges Wild schießen, wenn man es nicht wirklich beherrscht und nicht auf Entfernungen schießen, wo der Treffer unsicher wird ............. Und im Zweifel lieber nicht schießen. .............. Wild ist keine Schützenscheibe ................

Jagdfreund

10

Montag, 7. September 2020, 07:56

Zudem muss man weiters unterscheiden, was "Gesetz" ist und was man "nur" unter Waidgerechtigkeit subsumieren kann. Der Verstoß gegen vorgeschriebene Mindestkaliber oder gegen den Muttertierschutz ist ein Gesetzesverstoß, der im äußersten Falle als Straftat gewertet werden kann.


Natürlich ist das Nichtbeachten eines Mindestkalibers ein Gesetzesverstoß. Allerdings stellt sich mir die Frage ob Mindestkaliber auch immer gleich Weidgerecht ist. In OÖ darf prinzipiell mit .222 auf Rehwild gejagd werden. Ich persönlich würde damit aber nicht auf weitere Entfernungen auf ein Reh in der Winterdecke schießen. Und das mit dem Muttertierschutz ist auch nicht immer eindeutig - z.B. sind in OÖ Füchse das ganze Jahr über schussbar. Wer allerdings eine führende Fähe schießt, handelt meiner Meinung nach nicht weidmännisch. Gleiches für den Kitz-/Geisabschuss. Ich würde z.B. nie die Geis vorm Kitz schießen, sondern immer umgekehrt --> das Gesetzt regelt das in den meisten Fällen nicht.

Bezüglich der Entfernungen habe ich noch eine allgemeine Frage. Wir haben im Jagdkurs für Reh- und Rotwild weitgerechte Distanzen gelenrt: Rehwild maximial 150m und Rotwild maximal 200m. Gibt es solche Richtwerte auch in anderen Bundesländern?

11

Montag, 7. September 2020, 09:51

Was ist Waidgerecht ?

Gibt es solche Richtwerte auch in anderen Bundesländern?

Interessante Frage. Wir 9 Landesjagdgesetze und es würde mich nicht wundern, wenn es da unterschiedliche Regelungen gäbe. ................

Jagdfreund

12

Montag, 7. September 2020, 10:26

Was ist Waidgerecht ?

Wir haben im Jagdkurs für Reh- und Rotwild weitgerechte Distanzen gelenrt: Rehwild maximial 150m und Rotwild maximal 200m. Gibt es solche Richtwerte auch in anderen Bundesländern?

Habe jetzt kurz herumgegoogelt, aber keine echten "Regelungen" gefunden. Aber es gibt jede Menge Artikel dazu. Die geben allerdings nur die Meinungen der jeweiligen Autoren wieder. Meiner Erfahrung nach sind für den Durchschnittsjäger diese Entfernungen (150 / 200) durchaus sinnvoll. Untersuchungen zeigen, dass die meisten Abschüsse ohnehin auf kürzere Entfernungen erfolgen. Im Wirtshaus werden die Entfernungen dann aber manchmal größer ;)

Die neuen Techniken machen natürlich größere Entfernungen möglich. Ob diese auch immer sinnvoll und "notwendig" sind, lasse ich dahingestellt.

Jagdfreund

OneEyeOdinsson

Mitglied auf eigenen Wunsch ausgeschieden

13

Montag, 7. September 2020, 15:55

Kurz vorab:
Ich bin (wie die, die meine Vorstellung gelesen haben, wissen) Jungjäger, bisher ohne auf ein Stück geschossen zu haben.... (Ändert sich aber hoffentlich bald). Am Stand schaffe ich es mit meiner Tikka T3x (.223) ohne Probleme auf 100, 150 und 200m Gruppen in 2 € Münzen Größe zu schießen, aber auf die 300m zeigt mir allein schon der Wind, dass das mit diesem Kaliber nicht mehr machbar und auf ein lebendes Stück reine Glückssache ist.

Dementsprechend würde ich jagdlich nie auf mehr als 150m schießen, da fühle ich mich noch sicher und kann den Schuss dort antragen wo ich hinziele. :thumbsup:

Weidgerechtigkeit ist für mich persönlich aber nicht nur die Schussabgabe und das erlegen des Wildes, sondern auch die möglichst allumfassende Verwertung des Wildes.

Meine persönliche Meinung ist also, wenn man sich Schüsse auf 300m zutraut und die Waffe das auch verlässlich leisten kann (Wind, Geschossenergie, etc) dann kann man das machen, mit meinem aktuellen Setup würde ich mich das aber definitiv nicht trauen, weil ich die Sicherheit nicht hätte.

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